Hans Hackelberg, der wilde Jäger

„Hans Hackelberg, der wilde Jäger“ ist eine Sage aus dem Harz:

Hans von Hackelberg, der eine stattliche Burg im Harz besaß, kannte kein größeres Vergnügen, als Reiten und Jagen. Eint wollte er eine große Treibjagd veranstalten und zahlreiche Ritter und Grafen waren dazu eingeladen.

In der Nacht träumte Hans von einem furchtbaren Eber, der ihn zu Boden warf und tödlich verwundete. Beim Erwachen machte ihn dieser Traum wohl etwas besorgt. Die Jagdlust siegte jedoch bald und er zog mit seinen Genossen bei Tagesanbruch in den grünen Wald.

Es dauerte nicht lange, da lief ihm ein Eber in den Weg, wie er ihn im Traume gesehen. Hans hatte ihn bald leblos zu Boden geworfen und lachte laut: „Du wolltest mich töten und bist nun selber tot.“ Damit hob er den Kopf des Tieres empor, um seine langen Hauer näher zu betrachten, ließ ihn wieder fallen und verletzte sich dabei den Fuß mit der scharfen Spitze des Zahnes.

Zuerst achtete Hackelberg nicht darauf. Bald aber war der Fuß so stark geschwollen, dass man den Ritter heimtragen musste. Alle Mittel linderten den Schmerz nicht. Daher wollte der Kranke nach Wolfenbüttel zu einem berühmten Arzt.

Unterwegs musste man den Ritter, dessen Zustand sich stündlich verschlimmerte, in ein Haus bringen, um ihm etwas Ruhe zu gönnen. Einige seiner Begleiter sahen das Ende mit Riesenschritten herannahen und holten einen Priester herbei, welcher von der ewigen Seligkeit redete.

„Für mich gibt es keine andere Seligkeit als die Jagd,“ spottete Hackelberg. „Wenn ich nur immer jagen kann, verlange ich nichts weiter.“

Wenige Stunden darauf starb er und sein Leib ward der Erde übergeben. Sein gottloser Wunsch ist aber in Erfüllung gegangen. Ohne Ruhe und Rast muss er jagen bis an den jüngsten Tag. Er ist der wilde Jäger, welcher in stürmischen Nächten mit Peitschenknall und Hundegebell durch die Luft fährt, dass es die Menschen mit Grausen erfüllt.

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Quelle:
Sagen und Mythen, herausgegeben von Josepha Schrakamp
Henry Holt and Company, New York, ca. 1893