Der steinerne Herzog
Überall war er gefürchtet und gehasst, der Mann mit dem steinernen Herzen. Nicht in klösterlicher Stille durfte er ruhen bei seinen Ahnen im Schwarzwald. Mitten im Getriebe der Menschen, fern von den Seinen, liegt sein Leib im Münster zu Freiburg und scheu streift der Blick des Volkes sein übermenschlich großes Standbild.
Dem Herzog, der das Volk der Burgunder wiederholt besiegt hatte, war seine erste Gemahlin gestorben. Als er nun eine Burgunderin zur Ehe nahm, hielt dieses arge Volk den Augenblick für gekommen, sich an Herzog Bertold V. zu rächen.
Es überredet die Herzogin, ihre beiden Stiefsöhne zu vergiften. Das tat sie, ward aber entdeckt und büßte ihre Schuld mit dem Leben. Rauben, sengen, morden und Volk und Geistliche misshandeln , das war erst recht die Beschäftigung des grausamen Mannes, nachdem er Burgund, die Mördergrube seiner Kinder, verlassen und sich nach seinem Schloss ob Freiburg zurückgezogen hatte.
In düsterer Verschlossenheit lebte er dort oben und immer härter und gewalttätiger wurde er. Man floh ihn, wie einem Verbündeten des Teufels. Witwen und Waisen hatte sein unersättlicher Geiz um Hab und Gut gebracht. Unmenschlich ließ er seine Feinde martern und verstümmeln. Zuletzt kam es so weit, dass er seine eignen Leute schlachten ließ, um ihr Fleisch zu kosten.
Und als endlich zum Sterben kam, bat er seine Vertrauten, all seine Schätze an Gold und Silber in einen Klumpen zu schmelzen, damit sich die lachenden Erben darüber blutig schlügen.
Zu jener Zeit ergingen sich Leite am Berge Gyber, einem furchtbaren Krater, in dessen Tiefen Verdammte der Hölle fest gebannt sind. Zweimal hörten sie da mit starker Stimme rufen: „Rüste den Ofen!“ Als sich die Stimme zum dritten Mal hören ließ: „Rüste den großen Ofen!“, scholl es zurück: „Für wen soll ich´s tun?“ Darauf der andere: „Unser lieber Freund kommt hierher, der Herzog von Zähringen, der soviel für uns getan hat.“
Jene merkten sich Tag und Stunde und schrieben an den König Friedrich, ob in seinem Reiche ein Herzog von Zähringen gestorben sei. Da erfuhr man, dass zu derselben Stunde jenes Tages ein Herzog dieses Namens gestorben sei, ein furchtbarer Tyrann. Mit ihm starb sein Geschlecht aus, als Strafe für seine Freveltaten.
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Quelle:
Badisches Sagenbuch, J. Waibel und H. Flamm
Druckerei Heinrich Epstein, Freiburg